Dämmung ohne Schimmel – richtig dämmen im Bestand

Die energetische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden ist ein wesentlicher Bestandteil moderner Sanierungsstrategien. Dabei spielt die Wärmedämmung eine zentrale Rolle – sie reduziert den Transmissionswärmeverlust, steigert die thermische Behaglichkeit und schützt die Bausubstanz vor Feuchteschäden. Gleichzeitig birgt sie Risiken, wenn Feuchteverhalten, Wärmebrücken und Luftdichtheit nicht korrekt berücksichtigt werden.

1. Physikalische Grundlagen der Schimmelbildung
Schimmelpilze benötigen Feuchtigkeit, Nährstoffe und Temperaturen zwischen 0 °C und 40 °C. Entscheidend ist die Oberflächenfeuchte, die sich durch Kondensation oder kapillare Feuchteanreicherung ergibt. Kondenswasser entsteht, wenn die Oberflächentemperatur unter die Taupunkttemperatur der Raumluft fällt. Typische Ursachen sind Wärmebrücken, unzureichende Luftdichtheit oder falsche Dämmstoffanordnung.

Eine fachgerechte Dämmung verhindert genau das: Sie verschiebt den Taupunkt nach außen und erhöht die Oberflächentemperaturen der Innenflächen – Schimmelbildung wird damit physikalisch ausgeschlossen, sofern Feuchteeinträge kontrolliert werden.

2. Außen- vs. Innendämmung

  • Außendämmung (WDVS, vorgehängte Fassade, Kerndämmung):
    Die thermische Hülle wird komplett nach außen verlegt. Die Außenwand bleibt warm, Feuchtigkeit kann nach außen diffundieren. Diese Lösung gilt bauphysikalisch als optimal, da sie Wärmebrücken minimiert und das Austrocknungsverhalten verbessert.
    Typische Dämmstoffe: EPS, Mineralwolle, Holzfaser, Steinwolle, Resolhartschaum.
    Wichtige Kenngrößen: Wärmeleitfähigkeit λ (W/mK), Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl µ, Rohdichte und kapillare Leitfähigkeit.

  • Innendämmung:
    Bei denkmalgeschützten Fassaden oder Grenzbebauung oft die einzige Option. Sie erfordert präzise Feuchteschutzplanung. Der Taupunkt liegt im Wandquerschnitt – daher ist eine feuchteregulierende, kapillaraktive Konstruktion entscheidend.
    Typische Systeme: Kalziumsilikatplatten, Lehm- oder Holzfaserdämmplatten mit diffusionsoffener Innenbeschichtung.
    Planungshinweise:

    • Hygrothermische Simulation (z. B. mit WUFI) zur Beurteilung des Feuchteverhaltens.

    • Vermeidung von Dampfsperren; stattdessen Nutzung kapillaraktiver Schichten.

    • Sorgfältige Ausbildung von Anschlüssen, z. B. an Decken, Fensterlaibungen und Innenwände.

3. Luftdichtheit und Wärmebrücken
Ein häufiger Grund für Schimmelbildung nach Dämmmaßnahmen ist unzureichende Luftdichtheit. Warme Innenluft kann durch Leckagen in kalte Bauteilschichten eindringen und dort kondensieren.
Empfohlene Maßnahmen:

  • Erstellung eines Luftdichtheitskonzepts nach DIN 4108-7.

  • Durchführung einer Blower-Door-Messung zur Kontrolle der Gebäudehülle.

  • Reduktion von geometrischen und materialbedingten Wärmebrücken nach DIN 4108 Beiblatt 2.

4. Feuchtemanagement und Lüftungskonzept
Nach einer energetischen Sanierung ist der natürliche Luftaustausch stark reduziert. Um hygienische Luftqualität und Feuchteabfuhr sicherzustellen, ist gemäß DIN 1946-6 ein Lüftungskonzept erforderlich.
Optionen:

  • Manuelle Stoßlüftung (mind. 3× täglich, bei Innendämmung häufiger)

  • Fensterfalzlüfter (passive Grundlüftung)

  • Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung (empfohlen bei dichter Gebäudehülle)

5. Bauphysikalische Nachweise und Planungsempfehlungen
Vor Umsetzung einer Dämmmaßnahme sollten folgende Punkte geprüft werden:

  • U-Wert-Berechnung (nach DIN EN ISO 6946)

  • Tauwasserschutzberechnung (nach Glaser-Verfahren, DIN 4108-3)

  • Hygrothermische Simulation (bei Innendämmung oder komplexen Bauteilen)

  • Feuchte- und Temperaturmessung am Bestand zur Beurteilung der Ausgangssituation

6. Ausführung und Qualitätssicherung

  • Dämmplatten sind hohlraumfrei und kraftschlüssig zu verkleben.

  • Anschlüsse an Fenster, Sockel, Dachanschluss und Attika müssen luftdicht und wärmebrückenfrei ausgeführt werden.

  • Putzsysteme und Beschichtungen müssen auf Diffusionsoffenheit abgestimmt sein.

  • Eine abschließende Infrarot-Thermografie kann die Wirksamkeit der Dämmung kontrollieren.

Fazit
Eine fachgerecht geplante und ausgeführte Dämmung führt nicht zu Schimmel, sondern verhindert ihn. Entscheidend ist die ganzheitliche Betrachtung aus Wärmeschutz, Feuchteschutz und Luftdichtheit.
Wer im Bestand saniert, sollte die bauphysikalischen Zusammenhänge verstehen oder sich durch einen erfahrenen Energieberater begleiten lassen. Nur so kann die Dämmung ihr volles Potenzial entfalten – technisch, wirtschaftlich und dauerhaft schadenfrei.

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